Serenity Role Playing Game

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Lameth

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Beiträge: 935

Serenity Role Playing Game

von Lameth am 03.10.2013 01:16



Diesmal mächte ich kein System vorstellen, sondern eins anfragen. Hat jemand von euch Erfarungen mit dem Spiel gemacht und mag sie hier mit uns teilen?

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BeastCallisto
Gelöschter Benutzer

Re: Serenity Role Playing Game

von BeastCallisto am 03.10.2013 01:19

Ich habs vor Jahren mal angespielt. Benutzt eine frühe Version des Cortexsystems, soll aber soweit ich weiß demnächst als Firefly RPG neu aufgelegt werden, dann näher an der aktuellen Version von Cortex (Cortex plus).

Mir hats großen Spaß gemacht, aber Details könnte ich jetzt echt nimmer erzählen.

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Lameth

48, Männlich

Beiträge: 935

Re: Serenity Role Playing Game

von Lameth am 03.10.2013 01:25

Interessant. Hast du da nährere Infos bezüglich der Neuauflage? Ich habe gerade auf Amazon nach den alten Büchern geguckt und die Preise haben mich glatt erschlagen.

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BeastCallisto
Gelöschter Benutzer

Re: Serenity Role Playing Game

von BeastCallisto am 03.10.2013 01:30

Habs mal gegoogelt, konnte wohl auf der GenCon schon mal angespielt werden.

Hier mal der erste halbwegs sinnvolle Link, den ich gefunden habe
http://www.critical-hits.com/blog/2013/08/20/first-play-impressions-firefly-rpg/

Woanders hab ich gelesen, dass es wohl Frühjahr 2014 rauskommen soll.

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Lameth

48, Männlich

Beiträge: 935

Re: Serenity Role Playing Game

von Lameth am 03.10.2013 01:34

Danke Dir

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Zornhau
Gelöschter Benutzer

Re: Serenity Role Playing Game

von Zornhau am 03.10.2013 01:59

Ich habe praktische Spielerfahrungen mit dem Serenity RPG sammeln können.

Serenity RPG setzt auf dem alten Cortex-Regelsystem von Margaret Weis Productions (MWP) auf. Dieses ist ein System klassischen Zuschnitts: Attribute, Fertigkeiten, Vorteile, Nachteile. Es gibt eine Art "Gummipunkte", hier Plot-Points genannt, die einem erlauben VOR einem Wurf für bessere Chancen zu sorgen oder NACH einem Wurf das Endergebnis um ein klein wenig (manchmal das entscheidene Quentchen) zu verbessern.

Alle Spielwerte, Attribute und Fertigkeiten, werden in Würfeln ausgedrückt. Es gibt also keine festen Zahlenwerte für zum Beispiel Wahrnehmung, sondern diese hat einen "Wert" von W4 oder W8 usw. - Ebenso bei Fertigkeiten.  - Dabei werden Würfelgrößen von W2, über W4, W6, W8, W10 bis W12 verwandt.

Das Vorteils- und Nachteils-System ist an die Plot-Point-Ökonomie zumindest zum Teil gekoppelt. Für das aktive Einbringen von Nachteilen erhält man Plot-Points - aber auch als "Belohnungen" durch den Spielleiter (und manche Gruppen handhaben diese auch ähnlich wie Fan-Mail).

Entgegen den Erwartungen an ein Science-Fiction-Rollenspiel bekommen Raumschiffe hier leider eine nur eher oberflächliche Behandlung. Das Glanzlicht dabei ist noch am ehesten, daß Raumschiffe auch eine Art "Vorteils- und Nachteils-System" bekommen, somit etwas eigenen Charakter erhalten können. (Erst mit dem später erschienenen Battlestar Galactica RPG hatte MWP dann tauglichen Raumschiff- und Raumkampfregeln im Cortex-System geboten.)

Das Serenity RPG Cortex-Regelsystem spielt sich ziemlich "hakelig". Was nicht nur an der unglücklichen Würfelprogression von W2 anfangend liegt, sondern auch im Kampfsystem wie mit angezogener Handbremse und kaputten Stoßdämpfern fahrend wirkt.

Man muß dazu sagen, daß das Serenity RPG auch das ERSTE Rollenspiel nach dem aus dem Sovereign Stone Regelsystem hervorgegangenen Cortex-System war. Die späteren Cortex-Rollenspiele wie Battlestar Galactica RPG, Demon Hunters RPG, Supernatural RPG wirken schon etwas ausgefeilter und "gereifter".

Vom Setting her hatte MWP nur die Rechte an den Inhalten des Serenity-SPIELFILMS, jedoch leider NICHT an der Serie! Daher durften serien-spezifische Personen und Versatzstücke nicht im Rollenspiel beim Namen genannt werden (sie wurden dann teilweise recht findig "umschrieben", aber doof war es schon keine komplette Serenity+Firefly Settingbeschreibung vorliegen zu haben).

MWP hat als Verlag schon vor einigen Jahren die Serenity-Lizenzrechte abgeben müssen (der Lizenzvertrag ist halt ausgelaufen).

Das Spiel ist somit schon länger "out of print".


Nachdem es sowohl regeltechnisch wie ein verunglückter Mix aus Savage Worlds und dem uralten Sovereign Stone System wirkte, und es jetzt ohnehin schon jahrelang nicht mehr verfügbar ist, gibt es aber für Firefly-Fans unter den Rollenspielern LICHT am Ende des Universums!

MWP hat sich die Rechte an FIREFLY, ja, damit ist jetzt die SERIE gemeint, sowie die Comics gesichert.

Dieses Jahr im Sommer kam eine "Preview" auf dem Gencon heraus.



Das Firefly RPG setzt auf dem neuen Regelsystem Cortex Plus auf.

Cortex Plus ist nur dem Namen nach mit dem alten Cortex-Regelsystem von Serenity RPG verwandt.

Die ersten Cortex-Plus-Rollenspiele waren Smallville RPG und Leverage RPG, dann folgte ein Mantel&Degen-Setting als Preview Dragon Brigade und das GENIALSTE Superheldencomicrollenspiel überhaupt: Marvel Heroic Roleplaying.

Ich habe mir natürlich als alter Firefly-Fan die GenCon-Preview zugelegt.

Darin wrd auf 260 Seiten neben zwei umfangreichen Abenteuern eben auch Charaktererschaffung, Regelsystem und die Raumschifferschaffung vorgestellt.

Wir haben per Hangout-Runde gleich zwei Tage nach Erscheinen der obigen Preview losgelegt. Die Charaktere werden erschaffen über sehr grobe Attribute (Physical, Social, Mental) und ebenso grobe Skills. Dazu kommen Distinctions, die anders als bei Leverage nicht nur "Fate-Aspekt-Charakter" haben, sondern auch einige der Marvel-Heroic-SFX zugeordnet bekommen haben. Somit sind Distinctions im Firefly RPG eine ganz neue Kombination, wie sie so noch nicht in einem Cortex-Plus-Rollenspiel zu finden war.

Interessanterweise werden die Raumschiffe auch WIE CHARAKTERE erschaffen, nur halt mit anders gelagerten Inhalten der Eigenschaften. Das verschafft dem individuellen Raumschiff einer Spielercharakter-Crew wirklich einen eigenen Charme und eben "Charakter"! Allein die Charaktererschaffung und Raumschifferschaffung in der Gruppe hat schon wirklich Spaß gemacht.

Das Gameplay von Firefly RPG gegenüber dem sehr altbacken-konservativen Serenity RPG weiß sogleich zu überzeugen. Es ist halt auf der Cortex Plus Action Basis aufgesetzt, die ja auch Leverage und Dragon Brigade auszeichnet. Das heißt rasant schnelle Handlungsabwicklung mit viel systemseitig gebotenen "Story-Twists", welche aber vom Spielleiter eine hohe Improvisationsbereitschaft erfordern. Auch in Cortex Plus werden Spielwerte in Würfeln unterschiedlicher Größe, W4 bis W12, ausgedrückt. Man würfelt einen je nach Schilderung der Aktion und Situation zusammengestellten Pool, nimmt sich die zwei höchsten Würfel heraus und addiert sie zum Ergebnis. Dieses wird mit dem "Gegenwurf" der Opposition, meist dem Spielleiter, manchmal auch anderen SCs, verglichen. Ist das Ergebnis höher, hat man Erfolg, ist es um 5 höher, hat man einen außerordentlichen Erfolg und kann neben stärkerem Effekt der Handlung auch  noch einen Big Damn Hero Würfel "bunkern". Diesen kann man später bei anderen Würfen, wenn es besonders kritisch ist, einsetzen, würfeln und auf das Ergebnis sogar obendrauf addieren! Das führt wirklich zu Big Damn Heroics.

Auch Firefly RPG verwendet "Gummipunkte", auch hier heißen sie "Plot-Points". Sie werden aber völlig anders erzeugt und eingesetzt als im alten Serenity RPG. (Eher vergleichbar mit Fate und den Fate-Punkten.)

Es war einfach UNMÖGLICH die mitgelieferten beiden Szenarien, welche eher "klassisch story-lastig" (will sagen: Railroading pur) aufbereitet wurden, mit diesem Regelsystem so, wie beschrieben, durchzuspielen. Man hat nämlich als Spielleiter im Cortex-Plus-System weit weniger Möglichkeiten die Spielerhandlungen zu kanalisieren und in Richtungen zu forcieren, wie man sie in herkömmlicheren Rollenspielen hätte.

Und da merkt man auch, daß Firefly RPG Abenteuer AUCH für die Alt-Fans des Serenity RPG geschrieben wurden. (Zumindest das erste enthaltene Szenario gibt es auch separat als PDF-Produkt aufbereitet mit Spielwerten für das alte Serenity RPG.) - Mit dem herkömmlicheren Serenity RPG ließen sich diese Abenteuer als Railroading durch die vorgesehene Story sicher problemlos spielen. Mit dem Cortex-Plus-Regelsystem geht das nicht - da macht einem schon das Regelsystem einen Strich durch den Railroading-Fahrplan.

Das Firefly RPG wird im Frühjahr 2014 erscheinen.

Ich kann nur jedem raten sich dieses Rollenspiel nicht entgehen zu lassen. - Läßt man sich hingegen das alte Serenity RPG entgehen, dann hat man nichts verpaßt.

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Lameth

48, Männlich

Beiträge: 935

Re: Serenity Role Playing Game

von Lameth am 03.10.2013 02:29

Super, danke Dir für die ausführliche Antwort. Dann warte ich mal auf das neue Spiel, alleine schon weil ich ein Fan der Serie bin.

Ich habe gerade angefangen mich mit Star Wars: Edge of the Empire zu beschäftigen, scheint mir das gleiche Genre zu sein. Kennst du SW EotE und könntest du beide Spiele vergleichen?

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Zornhau
Gelöschter Benutzer

Re: Serenity Role Playing Game

von Zornhau am 03.10.2013 03:53

Beide Spiele, also SW-EotE und Firefly RPG verwenden einen Würfel-Pool mit Würfeln unterschiedlicher Größe. Beide sind für das Spielen OHNE Bodenplan und Miniaturen ausgelegt. Beide basieren auf film- bzw. fernseh-bekannten Spielwelten.

Das waren die Gemeinsamkeiten.

Die Regelsysteme sind SEHR unterschiedlich.

Star Wars - Edge of the Empire

SW-EotE ist ähnlich, aber doch anders als Warhammer 3rd Edition. Es verwendet SEHR seltsame Würfel mit unterschiedlichen Symbolen, die in unterschiedlicher Zahl aufgeführt sind. Diese Symbole werden "gegeneinander verrechnet", was bei manchen etwas größeren Würfel-Pools ein wenig Zeit zur Auswertung kostet. Das Endresultat sind dann Triumph, Erfolge (oft mehrere), Vorteile (meist mehrere), Nachteile (meist mehrere), Mißerfolge (auch oft mehrere), Katastrophe.

Es gibt SEHR detaillierte Tabellenauflistungen, was man alles mit einer gewissen Anzahl an Erfolgen oder Vorteilen an Effekten "kaufen" kann bzw. was einem der SL mit einer gewissen Anzahl an Mißerfolgen oder Nachteilen "reindrücken" kann.

Der Spielleiter würfelt so gut wie NIE. - Er legt nur Schwierigkeiten fest, die als Schwierigkeitenwürfel in den Pool des handelnden Charakters aufgenommen werden.

Das Kampfsystem arbeitet ohne Bodenplan, wohl aber mit Reichweiten-Abschnitten (Range Bands). Es gibt zwar bodenplanartige hochdetaillierte Karten, die sich für Miniatureneinsatz eignen, aber da die Reichweiten-Abschnitte nur SEHR grob und halt nur eindimensional sind, muß der Spielleiter da so oder so etwas Handwedelei anlegen, um Bewegung und Reichweiten wirklich spielbar zu halten.

Das EotE-System ist für meinen Geschmack gerade noch so feingranular, daß ich es spielen würde. Es erfordert schon einen spürbaren Lernaufwand - vor allem sollte man bald die Möglichkeiten bei der Auswertung der Würfelergebnisse auswendig draufhaben, da das Nachschlagen in den tabelllarischen Übersichten echt lange dauern kann. Andererseits sind die Würfelergebnisse NIE LANGWEILIG! Das heißt, daß wirklich JEDER Würfelwurf ein echtes Spannungselement ist! - Das hat sich in Testspielrunden auch so bestätigt.

Bei SW-EotE gibt es für mich noch ein Problem: FFG, der Verlag, hat KEINE Rechte dieses doch mit über 400 Seiten sehr umfangreiche Grundregelwerk als PDF-Produkt zu vermarkten. Damit ist ausgeschlossen, daß man eine legale elektronische Ausgabe, die volltextsuchbar und tablet-tauglich ist, bekommen wird.

Ich kaufe mir nur noch in extremen Ausnahmefällen gedruckte Ausgaben von Rollenspielprodukten. Ich mag es elektronisch schnell alles Notwendige per Suche finden zu können, und das Mitschleppen von kiloweise Büchern zum Spielen hat sich mit Tablets auch erübrigt. - Daher mutet mich diese durch Lizenzbeschränkung herrührende Nur-Toter-Baum-Ausgabe als echten Show-Stopper an. Ich werde es mir NICHT zulegen, auch wenn ich gerne in Spielrunden mitgespielt habe und auch gerne noch weiter als Spieler mitspielen möchte.

Aber als Spielleiter brauche ich einfach die elektronische Ausgabe zur Rundenvorbereitung. Und ich habe KEINE Lust alle umfangreichen Spielwerte abtippen zu müssen! - Schade, daß im Jahre 2013 eine solchermaßen eingeschränkte Verwertungslizenz noch überhaupt gekauft wurde. Klar steckt da ja Disney als Megakonzern dahinter und Disney sind Pen&Paper-Rollenspieler egal. Trotzdem nochmal: Schade!


Firefly RPG ist dem gebenüber total anders.

Das Cortex Plus Regelsystem ist eigentlich keines, sondern nur eine Art "Rahmenwerk" zum Erstellen von selbst im KERN an das jeweilige Setting eng angepaßter Rollenspiele. - Das bedeutet, daß man auf den ersten und auch auf den zweiten Blick so gut wie keine Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Cortex-Plus-Rollenspielen finden wird.

Bei Firefly RPG würfelt man für Handlungen einen Pool an normalen, mit Zahlen bedruckten Würfeln (nicht die SAUTEUREN! Sonderwürfel von SW-EtoE). Man stellt den Pool aus Attributs-Würfel, Skill-Würfel, einem oder mehreren Distinction-Würfeln, Asset-Würfeln, Specialty-Würfeln (so passend) und ggf. Complication-Würfeln der Gegner zusammen. Es werden immer VERGLEICHENDE Würfe gemacht, d.h. der Spielleiter würfelt IMMER dagegen, so nicht ein anderer SC die Opposition darstellt.

Das Würfelergebnis ist die Summe der beiden höchsten einzelnen Würfelergebnisse. Um zu gewinnen, muß man HÖHER als der jeweils "vorgelegte" Wurf, der den Widerstand, die Schwierigkeit einer Handlung angibt, würfeln.

Besonderheit hier: gewürfelte 1er auf den Würfeln zähllen NICHT in das Endergebnis, sondern bieten "Gelegenheiten" (Opportunities).
Diese Gelegenheiten kann der SL oder können die Spieler gegen Plot-Points "aktivieren", um der Gegenseite Complications zu verpassen, Probleme, Twists, Erschwernisse - unterschiedlicher Intensität, ausgedrückt in Würfeln unterschiedlicher Größe - aufzuerlegen.
Auch werden manche der Spezialeffekte der Distinctions über Gelegenheiten aktiviert.

Anders als bei EotE gibt es KEINE Liste vorgefertigter Möglichkeiten, sondern man muß bei Firefly RPG wie bei allen Cortex Plus Rollenspielen freier entscheiden und improvisieren, was hier nun genau an Effekt, an Komplikation, an Story-Twist eintritt.

Beispiel:
Ein schwieriges Ablegemanöver des Schiffs Bàng Bàng Táng der SC-Crew, welche gerade in einem Wrackgebiet einer Raumschlacht des Unification Wars am Plündern war, muß vom Piloten-SC bewältigt werden. Das ist eine sehr physische Sache, weil das Schiff so träge reagiert. Daher würfelt er das "physische Attribut" DES SCHIFFS(!), die Manövrierbarkeit von W6, und seinen eigenen Piloten-Skill von W10. Er hat noch eine Specialty "Derelict Scavenger", die ihm einen W6 in den Pool gibt. Da er das Schiff selbst als einen Significant Asset seines Charakters ansieht (er kennt es in- und auswendig), bekommt er noch einen W8 hinzu. Nun ist er aber ein Schmugglerpillot. Das ist eine Distinction, die sich positiv oder auch hinderlich auswirken kann - je nach Entscheidung des Spielers! Der Spieler möchte diese Distinction hinderlich einsetzen und erhält somit einen Plot-Punkt und nimmt einen W4 in den Pool (stattdessen hätte er auch keinen Plot-Punkt erhalten können und einen W8 in den Pool aufnehmen können - je kleiner die Würfelgröße, desto höher die Chance auf eine 1 und somit auf Komplikationen!).

Der Spielleiter legt die Schwierigkeit der Handlung als 2W8 (knifflig aber nicht übermäßig schwierig) fest. Er nutzt aber noch einige Szenen-Eigenschaften wie "Unberechenbar taumelnde Wrackteile" W8, "Schiffsensoren überlastet" W6. Und schon vorher, beim Anlegemanöver, hatte das Schiff der Crew eine kleine Kollision mit der Antriebssektion eines Wracks, die zu einer Komplikation "Manöverdüsen beschädigt" W6 geführt haben.

Der Spielleiter "legt vor", er "macht den Einsatz", wie es im Firefly-RPG-Jargon heißt: W8, W8, W8, W6 und W6 sind in seinem Pool und ergeben 3, 8, 7, 1, 4. - Die 8 und die 7 werden zum Ergebnis von 15 addiert. Die 1 ist eine Gelegenheit, die den Spielern (allen, nicht nur dem gerade handelnden!) angeboten wird. - Um die 15 zu schlagen, muß der Spieler eine 16 (also höher als der Einsatz) würfeln, er muß "den Einsatz erhöhen" im Firefly-RPG-Jargon.

Der Spieler des Piloten würfelt nun also: W10, W8, W6, W6 und W4 für 7, 8, 1, 6, 1. Sein Ergebnis ist 7 + 8 also 15. Gleichstand! Das reicht nicht! Damit hätte er nun beim Ablegemanöver einen Fehlschlag hingelegt, aber halt! Er hat ja noch Plot-Punkte! - Für einen Plot-Punkt kann er einen weiteren Würfel in das Ergebnis reinziehen, was er mit der gewürfelten 6 macht. Somit ist das Ergebnis eine 21! Ein Erfolg. Nicht nur das, ein Erfolg, der um 5 über dem zu erreichenden Ergebnis ist - ein außerordentlicher Erfolg. Damit schafft er das Ablegemanöver mit Bravour! Und weil es ein außerordentlicher Erfolg war, darf er sich den Würfel mit dem höchsten Ergebnis aus dem gegnerischen Pool als Big Damn Hero Würfel notieren und diesen später bei anderen Handlungen einsetzen - also in diesem Falle einen W8.
Aber da war doch noch eine Gelegenheit auf Spielleiterseite! - Für einen weiteren Plot-Punkt nutzt der Spieler diese Gelegenheit und reduziert die Komplikation "Manöverdüsen beschädigt" W6 auf "Manöverdüsen leicht beschädigt" W4. Offenbar war das Ablegemanöver gut, um irgendwelchen feinen Weltraumschrott aus den Düsen herauszublasen, so daß sie doch wieder besser funktionieren als gedacht.
Jedoch hatte auch der SC-Pilot gleich ZWEI Gelegenheiten gewürfelt! Diese nutzt der Spielleiter und gibt ihm für jeden gewürfelten 1er einen Plot-Punkt und führt eine W8-Komplikation ein: "Allianz-Patrouille taucht überraschend auf" W8.

Man sieht, die gewürfelten Gelegenheiten sorgen dafür, daß allein aufgrund von Würfelergebnissen und deren freier Interpretation Elemente in die Handlung eingeführt oder "rausgeschrieben" werden können. Von der Allianz-Patrouille war vorher noch nie die Rede gewesen. Und die Handlung, das Ablegemanöver hat sogar exzellent geklappt. Aber die Gelegenheiten, damit das Würfelergebnis, sorgten dafür, daß die Dinge einfach NIE reibungslos verlaufen da draußen "in the Black".

Im obigen Beispiel habe ich gleich "mit allem, mit scharf" ziemlich viele Entscheidungs- und Überlegungsmöglichkeiten des Cortex-Plus-Systems verwandt. Nicht wundern, wenn nicht alles sogleich verständlich ist. Das klärt sich im praktischen Spielen viel schneller, als es sich schreibt.

Der Hauptunterschied zwischen EotE und Firefly RPG ist, daß EotE eine stärker festgelegte, feingranularer auflösende Liste an Optionen je nach gewürfelten Symbolen vorgibt, während bei Firefly nur nach 1ern im gewürfelten Pool und nach Erfolg oder außerordentlichem Erfolg geschaut wird. Alles weitere ist freier Interpretation unterworfen und erfordert sowohl auf Spieler als auch auf Spielleiterseite SEHR fitte, improvisationsfreudige Spieler.

Als Spielleiter ist das notwendige ständige und schnell zu erfolgende Improvisieren und Entscheiden bei solchen Spielen der Cortex-Plus-Familie deutlich ANSTRENGENDER als das Spielen von schwergewichtigeren, stärker vordefinierten Regelsystemen. - Ich bin nach einer Runde Leverage (wo über die Rückblenden-Mechanik alles noch viel wüster und überkandidelter zugeht) immer total "geplättet". Marvel Heroic geht halbwegs, weil hier über den Doom Pool (ein anderer, die Dramaturgie-"Kurve" unterstützender Mechanismus) ein wenig Druck vom Spielleiter genommen wird. Aber Firefly ist ähnlich "stressig" wie Leverage.

Ich kann mir vorstellen, daß Spieler und Spielleiter, die eher viel mehr vorgefertigtes Material, vorgegebene Verläufe und starrere Regeln gewohnt sind, mit Serenity RPG schneller zurecht kommen als mit dem doch recht "indie-artigen" Firefly RPG. - Star Wars - EotE geht da eher einen Mittelweg, was die Vorgaben anbetrifft, aber es ist gleichzeitig WESENTLICH feinergranular auflösend als sowohl Serenity RPG als auch  Firefly RPG.

Wer also ein nur "etwas" Raum für freie Interpretation erforderndes, grundsolides, feinergranulares, detailiertes Regelwerk mag, und wer den Aufwand des Lernens all der vielen Auswertungsmöglichkeiten für die Sonder-Symbolwürfel nicht scheut, der ist mit SW-EotE gut bedient.

Ich würde es jederzeit wieder spielen, aber eben aufgrund der "Nur-Toter-Baum"-Ausgabe nicht leiten wollen.





Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.10.2013 03:54.

La_Cipolla

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Re: Serenity Role Playing Game

von La_Cipolla am 03.10.2013 09:16

Ich würde ja immer noch schlussfolgern, dass Cortex Plus (also das System des neuen Firefly RPGs) am Ende echt nicht jedermanns Sache ist. Am besten einmal mit jemandem testspielen, der wirklich Ahnung vom System hat, weil es halt ernsthaft anders funktioniert als klassische Rollenspiele. Wenn man es einfach so mit der ahnungslosen Gruppe zu Hause ausprobiert (und im Bestfall nicht weiß, was einen erwartet), kann das schnell enttäuschend sein.

Wobei das Star Wars Ding mit seinem Würfelpool ähnlich fremdartig sein dürfte, zumindest anfangs ... ;D

Los Muertos, ein Rollenspiel mit Skeletten - Inklusive Thread am Nerdpol!

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.10.2013 09:20.

Lameth

48, Männlich

Beiträge: 935

Re: Serenity Role Playing Game

von Lameth am 03.10.2013 10:21

Danke Zornhau  noch mal für die ausführliche Antwort.
Es hört sich auf jeden Fall interessant an. Ausprobieren werde ich es sicherlich mal. Ob es tatsächlich was für alle Spieler meiner Runden was ist, ist tatsächlich fraglich, aber 2-3 fürs Probespielen sollten sich finden lassen.

Bei SW EotE braucht man übrigens diese überteuerten Sonderwürfeln nicht, man hat eine kleine Umrechnungstabelle im GRW, mit der man auch ganz normale Würfel verwenden kann, was mir das Ganze sehr viel Sympathischer gemacht hat, da ich den preis für ein paar sehr gewöhnliche Würfel, was die Qualität anbetrifft echt eine Frechheit fand.
Ich kann aber durchaus verstehen, dass man heutzutage,  durch besondere Zusatzmaterialien versucht Zusatzeinnahmen zu schaffen, wo alles mit Leichtigkeit kopiert werden kann, und die meisten eh nur mit Raubkopien spielen.

Ist jetzt OT, dennoch: Es wundern sich sie Spieler tatsächlich immer wieder wenn Verlage pleite gehen. Wenn man dann fragt, wie viele Bücher sie denn gekauft haben, bekommt man gesagt: keine, gits doch umsonst im Netz. Da kann ich nur sagen: Hmm...ja, fällt dir  was auf?

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