Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
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Re: Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
von Athair am 17.03.2015 13:49... auf unbekanntem Terrain beschreibe ich mein Hobby eigentlich immer als "Abenteuer-Erzählspiel".
Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich.
Manche konnten sich gar nix darunter vorstellen. Denen hab ich dann erklärt, dass es eine Mischung aus Brettspiel, Improtheater und kooperativer Lagerfeuergeschichte ist. Bei weiterem Interesse habe ich v.a. mit einem Spielbeispiel operiert ...
Manche haben direkt zurückgefragt: Das ist wie DSA, oder?
Andere bezogen das auf Erzähl-Kartenspiele wie Werwölfe oder Es war einmal.
... an negative Reaktionen kann ich mich nicht erinnern.
An Skeptische durchaus. Vor allem von Leuten, die entweder mit Spielen oder mit Theater auch nix anfangen können. Wobei ich diese Art skeptischer Rückmeldung auch immer ganz hilfreich fand, weil ich weiß, dass ich mich mit so phantasielosen Menschen oft schwer tue.
Re: Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
von onkelrey am 17.03.2015 15:25Ich bin selber Lehrer und teilte zu Beginn meiner RP Zeit deine Bedenken. Am Anfang wollte ich auch nicht, dass mein Gesicht zu sehen ist.Mittlerweile ist mir es ziemlich egal, da meine Schüler und auch ein Teil der Eltern wissen, dass ich zocke, Warhammer und RP spiele. Ich glaube Mann sollte sich da nicht verstecken, es ist wie jedes Hobby. Jedoch gebe ich aber meinen Nickname nicht bekannt.
Zudem bedenke, wie viele Menschen tatsächlich diese Streams sehen, so hoch ist die Wahrscheinlichkeit auch nicht, dass es jemand sieht, der dich kennt.
Lediglich bei den Inhalten würde ich etwas aufpassen, hatte da eine Diskussion mit einigen Polern, bei einigen Rollespielen würde ich halt nicht mitmachen oder diese müssen nicht Live sein. Ein Nazisetting aus sicht der Nazis ist etwas, womit ich vorsichtig umgehen würde und im Zweifelsfall verzichten würde.
Ein lusitger Moment auf einer Klassenfeier war für mich, als der strenge Vater eines Schüler zu mir kam und mich mit tiefer Stimme fragte: "Ich habe gehört Sie spielen Starcraft?" Danach habe ich mich angeregt über Strategien des Spiels ausgetauscht.
Ein anderer Vater spielt regelmäßig Dungeon Crawler Brettspiele mit der Familie. Also nur Mut zum Hobby....ich werde auch für die nächste Klassenfahrt ein Abenteuer vorbereiten und Charaktäre für die Kinder mitbringen^^
Re: Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
von Profezzor_Darkness am 17.03.2015 21:55Alsoooo... Tja, ich klinke mich mal ein;
Ich bin zwar noch Schüler, aber ich kann dann ja trotzdem was von "Nerd - Lehrern" berichten.
Zum einen war da der (und das absolut) der beliebteste Lehrer unserer Schule, Herrn Grau (Name von der Redaktion geändert).
Den hielt ich mal im Gang auf mit;
"Herr Grau! Ich hätte da gerade mal eine Frage!"
Seine antwort wie aus dem Effeff;
"Zweiundvierzig!"
Der hatte schon... Durchgeknallte Hobbys... In der Experimentier AG haben wir halt Bier gebraut und Solarbetriebene Lastschiffkähne zusammengebaut (Im miniaturformat versteht sich.) Während wir mit ihm Witze über mögliche Torpedoverstecke und den praktischen einsatz von Laserwaffen machten. Worauf wir dann auch auf Stormtropper und ihre unbequemen Pyjamas kamen... (Wozu diese Rüstungen? die halten nicht mal nen Blasterschuss auf! Das sind Platten-Pyjamas!)
Dem sein echter Unterricht soll in etwa auch so locker gewesen sein, und er hat den "Stoff durch bekommen" und dabei nicht geradewohl gute Noten verteilt... Der war Nett, Lustig und Fähig. Ein typischer Dodo-Lehrer... Sie sind vom Aussterben bedroht.
Dann haben wir da noch Herrn "Lässt Dich Deine Strafarbeit Mit W% Auswürfeln"
Jo... Was soll man dazu sagen... der hat seiner Rollenspielzeit auch selbst an einem Regelwerk gearbeitet und mir für eine von mir geführte Rollenspiel-AG ein DSA 3 Abenteuer vermacht... (das ist jetzt 3 Jahre her) Das war auch noch neu.
Also, wenn man es als Lehrer schafft, mit den Schülern so um zu gehen zu können und dabei noch noch mit Fester Stimmer durch zu greifen dann hat man wahrscheinlich das "Lehrerlevel" Ultima-X durchbrochen.
Das sind natürlich nur Erfahrungen meinerseits als Schüler. Weis ja nicht, wie stressig das für die ist oder so, wollte nur sagen, es geht... Man kann auch als "Nerd" eine Respektsperson sein.
"Das Forum zum Buffet werd ich verwandeln, um Euch als Cervelatwurst zu behandeln!"
Profezzor_Darke - Meine DeviantArt-Seite
Re: Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
von DasReh am 17.03.2015 22:07Danke dafür! Genau meine Erfahrung.
Leider kann ich an meiner Schule mit kaum einem Schüler über diese Themen reden. Das sagt denen absolut nichts. Genau wie mich die Schüler auch bei "42" angeguckt hätten wie nen Auto... Schade, aber wahr :(
Liebe Grüße,
das Didaktik-
Re: Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
von WineAndVeg am 05.09.2015 20:45
Hallo Xaveria,
ich bin nicht sicher ob es nicht längst zu spät ist, sich hier einzuklinken - aber auch auf die positive "Gefahr" hin, dass du im Bezug auf deine Fragen/Bedenken/Gedanken längst zu einer (für dich persönlich) befriedigenden Lösung gekommen bist, würde ich nun gerne auch noch meinen Senf hinzu geben. Sollte mein Post gedanklich ein wenig unsortiert wirken (denn dieses Problem ist mir ebenfalls durchaus geläufig), bitte ich bereits im Vorfeld um Entschuldigung.
Zunächst einmal: Ich finde deine Bedenken/Ängste durchaus begründet und kann gut verstehen, dass dich die Frage des "Gesicht Zeigens" beschäftigt.
Obgleich ich selbst nicht in einem pädagisch-erzieherisch/lehrtätigen Berufsfeld arbeite (und das, Gott bewahre, auch nicht vorhabe), habe ich mir die Frage des öffentlichen Spielens (Leiten kommt für mich (noch?) nicht in Frage) und der potentiellen Konsequenzen selbst schon sehr oft gestellt.
(Bisher war ich extrem zögerlich. Ich bin lediglich in einem Online-Stream von Clawdeen aufgetreten und obgleich es "nur ein kleiner Oneshot" ohne kritisch zu diskutierende Thematik war, habe ich einiges an Mut aufbringen müssen.)
Der Grund für mein Zaudern lässt sich unschwer erraten: Auch mir persönlich bereitet das exzellente Gedächtnis des Internets einiges an Kopfzerbrechen. Die nagende Frage ob ein zu offenes Auftreten im Berufsleben möglicherweise starkes Unverständnis bis hin zu gravierenden Konsequenzen nach sich ziehen könnte, kann ich nicht ausblenden/überhören.
Wenn ich bisher offen mit "Unkundigen" über mein neu entdecktes, großartiges Hobby gesprochen habe (was in den letzten 1,5 Jahren sehr rege der Fall war), dann kamen zu allererst immer sehr skeptische Fragen.
Leute die danach gefragt wurden, ob RS etwas mit Theater oder online MMOs zu tun hat, hatten aus meiner Warte ehrlich gesagt noch Glück bzgl. des Skepsis-Levels der Gesprächspartner. Bei mir kamen auffällig häufig Fragen wie:
"Ehrlich? So richtig mit Peitsche und Lack&Leder-Kostüm?!" Auch Sklaven und andere komplette Unterwürfigkeits-Rollen? oder "In einem speziellen Club, oder nur mit deinem Freund Zuhause?!"
Wie genau es zunächst einmal häufig zu vermeintlich "unanständigen" Assoziationen kam, weiß ich auch nicht genau - jedenfalls haben mir viele Reaktionen folgendes gezeigt:
Erstens - Es geistern jede Menge falsche Vorstellungen in der Welt herum, die von verschiedenen Menschen mit dem Begriff 'Rollenspiel' assoziiert werden. Zweitens - Es ist nicht ganz leicht, den Kern des Hobbys auf den Punkt zu erklären, vor allem dann nicht, wenn bereits irgendeine vorgefertigte Irrmeinung ihre Wurzeln geschlagen hat.
Zurück zur Frage der potentiellen, beruflichen Konsequenzen:
Die eben beschriebene (und in meinem Fall mittlerweile hoffentlich gänzlich aus dem Weg geräumte) Skepsis, schlug mir aus meinem privaten Umfeld entgegen. Mit dem "privaten Umfeld" meine ich zunächst einmal einen Kader aus Familie/Freunden/Bekannten, also genau jenen Menschen die mich respektieren, lieben oder wenigstens mögen.
Und an dieser Stelle drängen sich mir folgende Fragen auf: Was ist mit Leuten die mich überhaupt noch nicht kennen? Was ist mit Leuten die mich vielleicht nicht lieben/respektieren/mögen - die möglicherweise auf privater Basis überhaupt nicht mit mir klarkommen, allerdings auf Berufswegen gezwungen sind mit mir zu interagieren? Welche Art von Werturteil (und daraus folgenden Konsequenz) habe ich von denen zu erwarten? Könnte man mir aus zu offenherziger, öffentlicher Präsentation des Hobbys vielleicht einen Strick drehen?
Solche Fragen sind (meiner Meinung nach) in deinem beruflichen Umfeld sogar noch wichtiger als in meinem Fall, denn:
Beruf ist nicht gleich Beruf.
Wer zu einem Finanz- und Anlageberater geht, der erwartet in aller Regel Fachwissen, Feingespür in finanziellen Belangen und vielleicht sogar einige Berufserfahrung, bzw. gute Referenzen. Welchen Privatsachen der Berater in seiner Freizeit frönt, spielt in erster Linie keine Rolle.
Wer einen Fitness-Trainer konsultiert, dem kommt es wohl primär darauf an, dass besagter Trainer Hintergrundwissen über Fitness-Techniken und zumindest Grundwissen über die menschliche Physiologie aufweisen kann und dass er in der Lage ist, den Kunden "zu motivieren". Auch hier spielt es keine große Rolle, was der Trainer außerhalb seiner Beruflichen Praxis macht.
Wer sich im Restaurant von einer Kellnerin bedienen lässt, der dürfte im Normalfall erwarten, dass sie die gängigen Regeln der Höflichkeit beherrscht, Bestellungen fehlerfrei weiterleiten kann und wenigstens mit einer gewissen Grund-Geschicklichkeit ausgestattet ist. Aber auch in diesem Fall ist es dem Otto-Normal-Restaurantbesucher nicht sonderlich wichtig, was die Kellnerin privat wohl für ein Mensch ist.
In deinem Berufsfeld ist das höchstwahrscheinlich gänzlich anders. Du möchtest in einer Grundschule unterrichten. Ein Ort an dem Eltern ihre Kinder (die ihnen im Idealfall das Wichtigste auf der Welt sind!) sicher aufgehoben wissen wollen. Ein Ort an dem Kinder nicht nur "Stoff lernen" sondern auch wesentliche Entwicklungsschritte durchleben. Erzieher/Lehrer prägen Kinder - und nicht umsonst umfassen Ausbildung/Studium eine ganze Menge Pädagogik.
Möge ein Lehrer noch so viel Fachwissen besitzen, noch so innovative Unterrichtsmethoden anwenden, noch so gerechte Noten geben - ich kann mir sehr gut vorstellen, dass für viele Eltern eine entscheidende Frage dennoch nicht ausbleibt: Was ist dieser Lehrer, der mein Kind lehrt und in gewisser Weise auch prägt, für ein Mensch?!
Bitte verstehe mich nicht falsch. Es ist nicht meine Absicht Partei für eben jene über-besorgten (und dem Lehrer gegenüber mitunter auch extrem ungerechten) Eltern, zu ergreifen.
Ich möchte lediglich sagen, dass ich sehen kann, wo mögliche Überreaktionen im Bezug auf Lehrer von Seiten mancher Eltern herkommen. Anders als z.B. bei Finanzberatern spielt sich die Berufs-Beziehung nämlich auf einer komplett anderen Ebene ab. Einer wesentlich emotionaleren Ebene.
Von dieser, in den meisten Fällen wohl nicht ausbleibenden Frage (Was ist der Lehrer für ein Mensch?!) möchte ich nun zurück zum Rollenspiel und dessen Darstellung kommen.
Du sagst du möchtest dich gerne "fallen lassen" können. Möchtest das Hobby (auch online) tatsächlich in allen seinen Facetten ausleben können. Gehen wir nun einmal davon aus (fiktiver, schwer ausfindig zu machender Nickname hin oder her) du lässt dich online "komplett fallen", beschriebst mitunter auch RS Situationen mit prekärem Inhalt (und zwar nicht in der Weise, dass du dich öffentlich davon distanzierst und sie kritisch erörterst) und der sinnbildliche Bruder der kleinen Pia findet deine Videos.
Die sowieso schon zur Überreaktion tendierende Mutter von Pia (denn Klein-Pia ist für sie der kostbarste Schatz dieser Welt) würde aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich das von dir geschilderte Verhalten an den Tag legen. Die Frage, was du privat für ein Mensch bist, würde sehr schnell von Schock bzgl. der beschriebenen Spielszene und Unverständnis über die Natur des Hobbys, beantwortet werden. (Völlig zu Unrecht, versteht sich - aber unsere Rollenspieler Sicht ist eben nicht gleich die Sicht einer über-vorsichtigen, noch dazu latent auf Krawall gebürsteten Mama!) Und in einem solchen Fall, auf so heiklem und mitunter auch emotionalen Terrain wie ein Lehrer sich bewegt, kann das meiner Meinung nach sehr gravierende Konsequenzen nach sich ziehen.
Eben vor allem dann, wenn Unverständnis und starke Emotionalität sich gemeinsam daran machen, ein Werturteil zu fällen.
Deine Frage 'Ich möchte gerne - aber sollte und darf ich auch?!' kannst du also im Endeffekt nur selbst beantworten. (Könntest du mit Konsequenzen al là Reaktion-von-Pias-Mama umgehen, insofern der Was-wäre-wenn-Fall tatsächlich eintritt?) Meine ganz persönliche Meinung ist, dass Vorsicht grundsätzlich der sicherere Weg ist.
Für Tsu mag es klasse funktionieren, sein Hobby selbstbewusst und öffentlich als Lebensstil auszuleben - allerdings arbeitet Tsu auch in einem gänzlich anderen Metier, in dem über-emotionale Eltern, die Leib und Leben geben würden um die (auch geistige) Sicherheit ihrer Sprösslinge zu schützen, wohl kein allzu relevantes Thema sind.
Ich möchte dir nicht davon abraten, dich auch öffentlich dem Hobby zu widmen - um Gottes Willen, bitte nicht falsch verstehen!
Insofern ich in deiner Haut steckte, würde ich wohl eine Zwischenlösung (wie Clawdeen sie vorschlägt) anpeilen.
Drehe Videos - erzähle ganz unverbindlich von diversen Aspekten des Rollenspiels.
Allerdings wäre ich gerade im Internet mit dem Ausleben von Spielsituationen, die, von zu großer Emotionalität neigenden "Unwissenden" auch gerne falsch verstanden werden können (oder falsch verstanden werden wollen!) etwas vorsichtiger.
Vielleicht ist in deinem Fall eine nicht ganz so öffentliche Darstellung deiner Spielrunden eine gute Kompromiss-Lösung?
(Möglicherweise in der Form, dass du deine "eher prekären" Videos auf privat schaltest und den Link z.B. hier im Nerdpol nur für die Leute zugänglich machst, die das Hobby tatsächlich verstehen und sogar teilen? Sodass du nicht unmittelbar Gefahr läufst, deine Zuschauerschaft überhaupt nicht überblicken zu können)
Liebe Grüße
"A lion doesn't concern itself with the opinions of the sheep."
Re: Gesicht zeigen - Rollenspiele und Realleben
von Magellan am 25.11.2015 11:47@ Profezzor_Darkness, DasReh
Ist man nicht GERADE als Nerd eine Respektsperson? Also, vielleicht hab ich da andere Uni-Erfahrungen als andere Leute, aber meine Profs warn alle Nerds! "Nerds" in diesem Sinne, dass ihr Wissen in ihrem Fachgebiet mikroskopisch genau is, während ihr Wissen außerhalb dieses Fachgebiets makroskopisch ungenau is! Und gerade solche Leut gelten doch als geschätzte Koryphäen! Oder nich?
Magellan