Leadership - Anführen

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Neuntausend

39, Männlich

Beiträge: 74

Leadership - Anführen

von Neuntausend am 20.10.2016 01:41




"Betrachtest du deine Soldaten wie deine eigenen Kinder, so werden sie dir bis ins tiefste Tal folgen;
siehst du in ihnen deine geliebten Söhne, so werden sie mit dir bis in den Tod gehen."

- Wolfgang Amadeus Mozart


Ich schreibe das hier mal nicht in KFKA, weil es eventuell etwas zu umfangreich sein Könnte. Es geht um das Feat "Leadership". Einer meiner Spieler fragte mich, ob er denn Leadership nehmen könnte. Seine Sorge war, dass das das Powerlevel und damit die Kampagne völlig durcheinanderbringt. Hier ist was ich antwortete:

Ich mag dieses Feat sehr gerne, und betrachte es nicht als Gamebreaker. Schlimmstenfalls ist es ein bisschen nervig für mich als DM, weil es noch einen weiteren Charakter gibt, um den ich mich kümmern muss, aber das ist nicht weiter tragisch. Das Feat wird traditionell als broken/OP betrachtet. Diese Ansicht rührt daher, dass die Leute nicht richtig lesen und den Cohort sowie die 160 Follower oder wie viele es auch sind als so eine art Summon Monster MMDXVII verstehen und DMs raufen sich die Haare bei dem Gedanken an 160 Tokens auf dem Grid. Es gibt aber einen wichtigen Punkt, der gern übersehen wird:

"A cohort is generally an NPC" - Pathfinder Referenzdokument

Das bedeutet, nicht du spielst deinen Cohort, sondern ich. Ein Cohort, oder Gefolgsmann wie es ins Deutsche übersetzt wurde ist kein Familiar, Tiergefährte, Sklave oder Zombie. (Cohort: "a companion or associate" - dictionary.com) Es ist ein Freund, Kamerad oder auch ein treuer Diener der dir folgt - das aber aus freien Stücken. Weder muss er dir gehorchen, noch kontrollierst du ihn direkt. Er hat einen freien Willen, einen eigenen Charakter und eine eigene Meinung von den Dingen die geschehen. Natürlich wird er deine Anweisungen und Wünsche erfüllen, wenn er kann, aber das wird er auf seine eigene Weise tun. Wenn er mit dir auf Abenteuer gehen soll, wird er erwarten einen fairen Anteil der Beute zu bekommen - je nachdem womit er halt was anfangen kann. Ein Greif wird etwa mit Gold oder Waffen nichts anfangen können. Andernfalls wird er möglicherweise erwarten, dass du ihn für seine Dienste bezahlst, ihn ausbildest oder Kost und Logie zur Verfügung stellst. Eventuell ist ein Cohort ein Söldner, Butler, Sherpa oder dein Sidekick.

In normalen Abenteuern sind Cohorts nützlich beispielsweise als wandelnde Enzyklopädien, oder sie könnten magische oder nichtmagische Gegenstände herstellen oder Schlösser knacken. Im Falle ausreichend großer magischer Bestien wie Greifen oder Pegasi können sie als Reittier dienen. Im Falle ausreichend kleiner Magischer Bestien könnten sie kundschaften oder stehlen. Natürlich können sie auch am Kampf teilnehmen, aber da sie immer im Level hinterherhinken und vom DM gesteuert werden schweben sie dabei in konstanter Lebensgefahr, und wenn dein Gefolgsmann stirbt, kann das deinen Ruf dauerhaft schädigen.

In Sandbox Abenteuern können Gefolgsleute etwa deine Burg verwalten, dich in bestimmten Angelegenheiten vertreten oder eine weitere Armee führen. Das ist, wo dann auch die Anhängerschaft ins Spiel kommt, die du mit Leadership ja ebenfalls bekommen kannst.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist: "This feat enables you to attract a loyal cohort" - nur weil du das Feat hast wächst nicht plötzlich dein persönlicher Jean Passepartout aus dem Boden. Selbstverständlich würde ich als DM dann schon einen NPC einführen, der deinen Wünschen entspricht. Das kann gern vor oder nachdem du Leadership tatsächlich hast passieren, aber leveln und spielen werde ich den denn es ist und bleibt ein NPC.

Somit ist Leadership alles andere als OP, und kann schon gar keine Kampagne zerstören. Nimmst du ihn mit in den Kampf, kann ich abschätzen, was er kann und entsprechend gegenbalancieren. Eventuell stell ich noch einen Goblin mehr hin oder gebe dem BBEG eine Summon Monster Scroll. Im Gegenzug erhalte ich als DM ein wunderbares Spielzeug.

Generell stoße ich mit dieser Interpretation auf zustimmung, und ich schätze es wird wohl darauf hinauslaufen, dass wir das so handhaben. Ein bisschen Diskussion bezüglich RAW vs. RAI gab es dennoch. Auch dazu meine Meinung:

RAW steht da, es ist ein NPC - Non Player Characer - da gibts nicht viel zu interpretieren. RAI kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es "intended" ist dem Spieler mit nur einem Feat einen zusätzlichen vollwertigen Charakter in die Hand zu geben - das wäre in der Tat ein gamebreaker, würde die action economy völlig zugunsten der party über den Haufen werfen und wäre für jeden Spieler der auch nur ein bisschen optimieren will ein must have feat. Dann wäre dieses einzelne Feat stärker als etwa die Tiergefährten von Druiden oder Waldläufern oder das Eidolon des Summoners, die für diese Klassen das Kernfeature darstellen und typischerweise über weitere Feats, Zauber und Class Features verstärkt werden müssen um dauerhaft effektiv zu bleiben, während der Cohort selbst Klassenstufen, Vermögen und Ausrüstung hat.

Es gibt einfach kein Feat das einem Charakter auch nur annähernd Item Creation Feats, Crafting, Profession und Knowledge Skills, Flanking Boni, und Sneak Attack oder Zauber im Wert von Charakterlevel-2 Levels gibt. Das *kann* imo nicht die Intention gewesen sein. Ich denke, die Intention war, etwas mit Regeln zu versehen, das in anderen Systemen durch Roleplay erreicht werden könnte: Ein Charakter Heuert einen Söldner an, gewinnt einen NPC als Freund, zähmt eine Magische Bestie, ...

Wie seht ihr das? Wie haltet ihr es mit dem Leadership Feat? Verwendet ihr es überhaupt, oder deckt ihr Gefolgsleute und Anhängerschaft ganz jenseits der Regeln mit RP ab?

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MegaNerd
Gelöschter Benutzer

Re: Leadership - Anführen

von MegaNerd am 20.10.2016 08:49

Der Grund, warum viele den Cohort als PSC sehen, liegt wohl eher an der Spielleiter-Faulheit.
Frei nach dem Motto "WAS? Weil Du ein Feat nimmst, muß ich mehr buchhalten? Mach das mal schön selber!".
... und das macht der Spieler dann auch. (Was wäre ich froh, wenn in anderen Spielsystemen der Spielleiter mit NSCs das gleiche Anliegen hätte, wie Du hier, Neuntausend. Ich denke dabei an Shadowrun und co.)

Übrigens wird der Cohort von vielen Spielern auch eher nur als Söldner/Buttler/Magic Mount/Improved Familiar und die Follower als Privat-Armee aka "Druckmittel" gesehen.
Ersteres ist langweilig, zweiteres anstrengend, weshalb 90 der Spielleiter die ich kenne, ohne dieses Feat spielen.


Ich perönlich mochte zum Thema Leadership (und auch zu vielen anderen Themen) das Buch Heroes of Battle.
Ist zwar DnD aber war dennoch ganz nett durchzuschauen. ;)

Antworten Zuletzt bearbeitet am 20.10.2016 08:54.

Neuntausend

39, Männlich

Beiträge: 74

Re: Leadership - Anführen

von Neuntausend am 29.10.2016 09:54

Naja, "Faulheit" würde ich es nicht nennen, je nach Runde hat der DM ja durchaus schon eine ganze Menge zu tun, besonders wenn man D&D oder PF spielt. Da sind die Maps, da sind die NPCs, da sind die encounters, und dabei muss man noch die Spieler im Auge behalten, und von all den Möglichkeiten und Was-wäre-wenns die einem so durch den Kopf schwirren immer genau die behalten, die dann wirklich passiert sind. Aber ich finde, der Aufwand da einen NPC mehr zu handhaben ist ein geringer, und kommt mit einem großen Nutzen daher: Der Spieler will ja diesen Cohort, und er hat ein Feat dafür investiert. Das ist für den DM doch ein tolles Werkzeug. Ich denke, man macht sich das Leben als DM eher schwerer, wenn man den Spielern zu viel Macht gibt und sie die Cohorts selbst erstellen und spielen lässt.

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MegaNerd
Gelöschter Benutzer

Re: Leadership - Anführen

von MegaNerd am 29.10.2016 12:38

Du zählst gerade hervorragend meine Vorbehalte gegen D20-Systeme aus. ;)
... und irgendwie finde ich es gruselig, etwas anderes in einen Charakter zu "investieren" als Zeit.

Aber bei Systemen, bei denen es mehr um die Geschichte und die gemeinsame Zeit geht - nennen wir mal die beiden Vampire-Systeme - haben die meisten Spielleiter auch immer nicht soo die Lust stärkere NSCs an der Seite des Charakters zu designen und dann auch zu verkörpern.

Faulheit war wahrscheinlich wirklich nicht das richtige Wort, aber ich wollte ein starke Weigerungsbedeutung für die häufige Abneigung doch eher vieler Spielleiter gegen Sidekick-Figuren.

Nichts destotrotz finde ich Deine Spielleiter-Einstellung ja gut.

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