Plot im Rollenspiel
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Plot im Rollenspiel
von Glgnfz am 01.10.2013 18:46Ich versuche nochmal den Begriff zu fassen, damit klarer wird, was ich mit meiner Replik auf Anguys Nacht-Runde gemeint habe. Er selber weiß, dass ich ihn nicht angegriffen habe, seine unterhaltsame Plauderei diente mir lediglich als Aufhänger.
Mit diesem Thread will ich keinesfalls Öl ins Feuer gießen und als Threaderöffner bitte ich ausdrücklich um Contenance. Ich habe zwar keine Befugnis Unfug zu verbieten, aber ich werde die Admins und Moderatoren gezielt auf solchen aufmerksam machen.
Ihr dürft gerne nachfragen, wenn ich etwas nicht klar ausdrücke. Ihr könnt mich kritisieren - ich hoffe da auf fruchtbare Gespräche...
Ich schicke mal voraus, dass ich seit 30 Jahren Rollenspiele spiele - nicht um mich als Autorität oder Allwissenden zu kennzeichnen, sondern nur um darzustellen, dass ich schon so manchen Trend habe kommen und gehen sehen.
Und nur um schon im Vorhinein zu entkräften, dass ich irgendwie böser DSA-Hasser sein könnte - ich habe mindestens 200 DSA-Abenteuer im Regal stehen, einigen offizielle Sachen für Aventurien und Myranor geschrieben und bin mit etlichen DSA-Redakteuren und EX-DSAlern gut befreundet - auch mit der Aussage will ich mich nicht produzieren, nur klarstellen, dass hier kein doofer DSA-Hater unreflektiert rummosert.
Zum Thema:
A) Ein Trend, der vor allem das DSA der 90er kennzeichnete, war, dass der Autor (der sich auch bewusst als solcher sah) ein Abenteuer entwarf - teils sogar nach Kriterien der Dramen-Theorie in Akten und mit klarem Aufbau - also wirklich sehr kenntnisreich und interessant. Das machte schon dem Meister (yepp - DSA - ich verwende das in diesem Kontext problemlos) sogar beim Lesen Spaß, da sich das komplette Abenteuer las wie ein toller Fantasy-Roman. Es war nun an den Helden diesen Roman nachzuspielen - also die vielen tollen Szenen, die der Autor geschrieben hatte und die der Meister liebevoll präsentierte.
Dieses Spielen kann mit einem guten Meister wahnsinnig Spaß machen und ist für mich absolut legitim.
Wenn man mal ehrlich ist, laufen 99,9% der Spielrunden auf den diversen Nerdpol-Kanälen so ab. Damit klage ich das nicht an, ich stelle es lediglich fest. Wie gesagt - mit einem guten Meister macht das richtig Spaß.
Grundidee: Die hier leitenden Personen haben sich Abenteuer ausgedacht und die Spieler erleben diese Abenteuer durch ihre Helden.
Wer hat hier die Kontrolle über den Plot? Der Meister
B) Die Abenteuer, die ich entwerfe gehen anders an die Sache heran. Ich möchte eine glaubwürdige Welt daqrstellen. Mit all dem was darin kreucht und fleucht. Mit Herrschern, Bauern, Konflikten (besonders wichtig) mit Gefahren, Drachen und schönen Prinzessinnen. Diese Welt funktioniert auch problemlos, wenn es die Charaktere nicht gibt.
Nun werden die Charaktere in diese Welt geworfen und es ist an ihnen sich in ihr zu bewegen, Abenteuer zu erleben, sich von Straßenräubern verprügeln zu lassen, den entührten Prinzen zu befreien...
Aber all das tun sie nicht weil ich als Spielleiter das so und in dieser Dramaturgie geplant habe, sondern weil sie gerade genau dorthin gehen wo sie hingehen wollen. Ich muss sie natürlich mit Ideen und Anregungen und "Plothooks" und bösen Typen und zwielichtigen Gestalten und aufrechten Männern der Stadtgarde konfrontieren, aber was sie mit denen anstellen und wie es von da an weitergeht, liegt ganz bei ihnen.
Grundidee: Die leitende Person hat sich eine Welt ausgedacht und die Spieler gestalten das Abenteuer durch ihre Charaktere.
Wer hat hier die Kontrolle über den Plot? Die Spieler (durch ihre Charaktere)
... und jetzt könnt ihr gerne fragen und bohren und widersprechen - ich vertrage das.
Zarathustra
Gelöschter Benutzer
Re: Plot im Rollenspiel
von Zarathustra am 01.10.2013 18:51Stimmt, jedenfalls zu 99%. 100 wären es wenn du erwähnt hättest, dass die Spieler auch die "Bösen" sein dürfen. Dennoch: Lehrbuchmäßige Aufarbeitung und meine beiden Daumen schnellen in die Höhe!
Re: Plot im Rollenspiel
von Zwergpaladin88 am 01.10.2013 19:10Klar kann man so spielen, dass man die Spieler einfach in ein offene Welt/Stadt/Dorf wirft und schaut wie die Chars sich dort zurechtfinden, aber bei gewissen Rollenspielen muss der Meister einfach aktiver sein und die Spieler in eine gewisse Richtung schubsen. Zum Beispiel bei Shadowrun machst du die eigentlich nur die Sachen für einen bestimmen Run fertig. Wenn die Spieler dann aber sagen, dass sie den Run nicht machen wollen, weil sie zum Beispiel unrealistische Summen für den Auftrag verlangen oder in irgentein Land reisen wollen, wo dir komplett die Quellen dazu fehlen, kannst du als Meister eigentlich nur sagen: "Ok Leute, das können wir so machen, aber dann müssen wir den Abend für heute beenden und ich bereite das fürs nächste mal vor." Natürlich ist man vor allem bei einem selbsterstellten Abenteuer ein gewisser Freiraum gegeben, aber als Spielleiter will man ja auch die/seine Geschichte gut rüber bringen.
Besonders wenn der Meister jetzt nur ein bestimmtes Abenteuer vorbereitet hat, müssen die Spieler meiner Meinung nach in der Lage sein dem Spielleiter etwas entgegen zu kommen, da dieser ja auch nur ein Mensch ist und sich auf die Quellen und Notizen berufen muss die er für den Spieleabend vorbereitet hat. Damit will ich nicht sagen, dass der Meister die Spieler jetzt komplett führen soll, aber er sollte ihnen auch einige Grenzen setzen, damit sich das Ganze nicht zu sehr ausweitet.
Daher mein Fazit: Den Plot gestallten sollten auf jeden Fall die Spieler. Aber den Plot kontrollieren sollte zu jeder Zeit der Meister, damit das Abenteur nicht aus den Rudern läuft.
Der Kanal des Zwergpaladins
Shadowrun, Warhammer Fantasy und mehr.
Re: Plot im Rollenspiel
von Taysal am 01.10.2013 19:13Zu B)
Was genau verstehst Du unter einer glaubwürdiger Welt? Agieren Deine Spielleitercharaktere auch, wenn gerade keine Spielsitzung stattfindet? Oder meinst Du statt "glaubwürdig" eher "lebendig"?
Glaubwürdigkeit im Abenteuer und der Spielwelt ist in meinen Augen nicht von Dynamik und Freiheit abhängig. Die Glaubwürdigkeit rührt doch eher von der Präsentation her. Wenn die Spieler von der Erzählerin im goldenen Käfig gehalten werden, kann das durchaus sehr glaubwürdig sein. Selbst falls der böse Antagonist plötzlich seine Meinung ändert und den Helden hilft, anstatt sie auf dem Scheiterhaufen der Gerechtigkeit zu verbrennen, kann das durchaus glaubwürdig sein - auch wenn die Motivation des Meisters darin begründet ist, die Figuren seiner Mitspieler nicht zu einem Haufen Asche werden zu lassen. Solange den Spielern dieser willkürliche Umschwung ihres meisternden Mitspielers unbekannt ist, bleibt die Glaubwürdigkeit erst einmal erhalten. Ihre Protagonisten stammen zudem aus und leben in der Spielwelt. Für sie hat die außerspielerische Wahrnehmung noch weniger Gewicht, um die Glaubwürdigkeit ihrer für sie realen Welt in Frage zu stellen. Ansonsten würden sie doch bei jedem Feuerball, bei jedem Warpsprung, bei jedem vor ihnen erscheinendem Genie an der Glaubwürdigkeit ihrer Welt zweifeln.
Ein spannendes Thema, über das es sich lohnt nachzudenken., finde ich.
Texte sind Dämonen und wer ihre Namen kennt verfügt über Macht.
Herzlichst, Taysal
Re: Plot im Rollenspiel
von 19Uhr30 am 01.10.2013 19:31Okay... Es geht also um Railroading vs. Sandbox. Das ist doch nun wirklich kein neues Thema in der Rollenspielwelt. Ich frage mich ernsthaft, warum das immer wieder zu heiß gekocht wird. Es ist doch ganz offensichtlich, dass da wohl kaum einer der reinen Lehre in der einen oder anderen Richtung folgt. Man bewegt sich eigentlich immer im Spannungsfeld zwischen den beiden Polen. Denn bei strengem Railroading bekommt man das Gefühl, dass man auch ein Buch lesen könnte und bei strengem Sandboxabenteuer kommt man leicht in die Situation, dass die Spieler stupide Pothooks suchen, weil ihnen sonst langweilig wird. Auch ist ein wenig Dramaturgie durchaus unterhaltsam...
Und man muss ja nun auch nicht so tun, als hätte DSA nicht auch Abenteuer auf verschiedenen Stufen des Spektrums zu bieten. Ich bin ja nun wirklich kein Freund des DSA-Regelwerks (das ist mir einfach zu anstrengend). Aber im Grunde ist es doch mit der Rollenspielcommunity in Bezug auf DSA so wie in jedem anderen Bereich, wo es einen klaren Marktführer gibt. Fast so schlimm, wie in einer Gruppe von Linuxusern das W-Wort fallen zu lassen...
Re: Plot im Rollenspiel
von koali am 01.10.2013 19:32Ich wage zu behaubten, dass das sich nicht mit folgendem beißt!
Wo ist der Unterschied, ob ich den Spielern nun einen Plothook vorgebe oder eine Story anscheinde.
MEine streams sind vorgefertigte Geschichten, einfach, weil ich offenkundig zu faul bin mir komplexe Welten selbst zu erarbeiten udn zu erspinnen.
Meine Spiele laufen so ab, dass ich eien Situation gebe (quasi die Welt vorgebe) - bis hierhin dürfte das gleich sein - und die Spieler dann auf diese Welt reagieren.
Beispiel Cthulhu Stream... Vorgabe ist... ihr bewegt euch in einer total abgedrehten Phantasiewelt.
JA diese Welt funktioniert auch ohne die Spieler... sogar sehr gut...
Und die Spieler haben zu jeder Zeit ihre eigenen Entscheidungen getroffen. Außer zu den Zeiten in denen es von der WELT vorgegeben war, dass sie woandershin sollten (zeigende Puppen)... zu dieser Zeit hat die Welt aber schon auf die Spieler reagiert.
ICH behaubte... deine genannten Arten des Spiels unterschieden sich nicht wirklich!
Zumindest sehe ich da keinen nennenswerten Unterschied.
Das dick geschrieben erleben, sollte mir verdeutlichen wo der unterschied liegt, aber ich sehe ihn einfach nicht.
Vielleicht denkst du wie oben beschrieben in Form von ROMAN...
Diesen Fingerzeig verstehe ich sehrwohl, verstehe aber nicht wo du in den Nerdpolstreams bisher diese Art zu "meistern" siehst.
Umbreon, Anguy haben ihre Wlet selbst erdacht... und spielleitern völlig frei und in Reaktion auf die Aktionen der Spieler.
Ich für meinen Teil mache dies auch, soweit es die Welt zulässt.
Sicher gab es bei meinen Streams einen Metaplot, den es zu "erleben" galt. Aber wie hättest du diese Art Spiel denn geleitet. Wie hätte die Sache bei dir ausgesehen?
Ich entnehme, deinen Äußerungen, dass es in deinen Wleten eben auch Abenteuer gibt, die es zu erleben giult, nur ist es an den "Helden" sie zu wählen und sie sich zu suchen!
Wie funktioniert das?
Hast du am Anfang des Spieleabends keien Idee, was den Spielern den heute begegnet und impriovisierst komplett innerhalb der Welt?
Hilf mir dich zu verstehen!
Ich hab so viele Fragen was das angeht!
Re: Plot im Rollenspiel
von Glgnfz am 01.10.2013 19:37@19:30: Du kannst das darauf herunterbrechen, wenn du unbedingt willst. Mir geht es aber schon um das gesamte Spektrum dazwischen und um die Idee, mit der man beim Präsentieren eines Abenteuers herangeht.
Jetzt die beiden schönen Kampfbegriffe auszupacken dient nicht der Sache, zumal man sie zusätzlich nochmal klären müsste.
Dass beide Extrempole in ihrer Konsequenz so gar nicht existieren (können) sollte jedem klar sein.
@Koali: Da muss ich länger zu formulieren - ich werde mir aber Mühe geben.
Heretic
Gelöschter Benutzer
Re: Plot im Rollenspiel
von Heretic am 01.10.2013 19:54glgnfz meint vermutlich Sandboxing.
Schau dir z.B. an, wie bei GTA die Missionen, bzw. die Story dargebracht wird...
Re: Plot im Rollenspiel
von Glgnfz am 01.10.2013 20:06Ich versuche mal darauf zu antworten:
"Wie funktioniert das?
Hast du am Anfang des Spieleabends keien Idee, was den Spielern den heute begegnet und impriovisierst komplett innerhalb der Welt?"
1. Ja
2. Nein
Ich antworte mal zusätzlich mit zwei "Im Idealfällen":
Im Idealfall weiß ich nicht wonach die Spieler an einem bestimmten Abend schnappen werden. Da werden einfach im Laufe der Aktionen Gelegenheiten geboten, auf die sie einsteigen können oder auch nicht.
Im Idealfall ist die Welt so perfekt beschrieben, dass ich gar nicht improvisieren muss.
Und jetzt zum "realen Leben":
Der letzte Satz mit dem "perfekt beschrieben" deutet schon darauf hin - je kleiner mein bespieltes Gebiet ist, umso leichter kann ich als Spielleiter das verwalten. Einfach ist das mit einem kleinen Dorf (also einer Basis) und einer Umgebung mit diversen Gefahren. Schwieriger wird es mit einem Land mit Herrschern, Konflikten mit anderen Reichen... oder gar einer ganzen Welt.
Allgemein gilt - je kleiner die Umgebung, desto besser kann ich sie vorbereiten, desto "realer" ist die Freiheit der Spieler mit ihren CHarakteren das zu tun, was sie tun wollen.
Nimmt man mal mein Abenteuer für Labyrinth Lord, "Die Larm Chroniken" - da wird ein kleines Dörfchen mit all seinen Einwohnern geschildert und dazu ein ganzes Bündel möglicher Abenteuer - seien es Dungeons, oder andere Bedrohungen für das Dorf oder sonstige Probleme. Im Laufe des Spiels bewegen sich die Charaktere nun durch das Dörfchen und können diese oder jene Person und diese oder jene Sitatution antreffen - ausgedrückt schon in der Dorfbeschreibung und teils noch kombiniert mit Zufallsereignissen. So können sie beim Bürgermeister von Problemen erfahren, vom Müller, vom Gemischtwarenhändler, vom Kommandanten der Miliz oder sie treffen einfach in der Straße auf eine Situation, die der Klärung verlangt.
Ich habe also als Spielleiter keine Ahnung was nun passieren wird - und lasse mich überraschen in welche Richtung es geht.
Die Aktionen in Hinblick auf das eine Problem wirken sich natürlich eventuell auf andere - zukünftige - Ereignisse aus.
Auch innerhalb der Einzelsequenzen steht den Charakteren völlig frei wie sie vorgehen wollen, ob sie sie abbrechen wollen, mit wem sie sich verbünden wollen... Ich habe als Spielleiter keine coolen Szenen im Kopf und gebe einfach nur die Möglichkeit coole Szenen zu erleben.
Wie schon irgendwo gesagt: Im tatsächlichen Spiel wird das sehr ähnlich aussehen und sich für die Spieler sogar wohlmöglich ziemlich gleich anfühlen, aber wichtig ist mir hier die Erwartung, mit der ich als Spielleiter an die Chose herangehe.
(Ich merke schon - je mehr man ins Detail geht, umso schwerer wird es das systematisch zu schildern. Daher fragt einfach weiter, vielleicht ergibt sich die Chance das im Nachklapp zu systematisieren.)
... wenn ich eine Webcam habe, werde ich mal das kleine Szenario "Das Heerlager" leiten. Da ist der Hintergrund superklein, dadurch bis ins Detail beschrieben und die Charaktere können jeden nur erdenktlichen Unsinn treiben. In der Nachbesprechung kann ich gerne mal erzählen wie dieses Abenteuer schon gespielt wurde, denn ich habe das bestimmt schon 10 mal auf Cons geleitet.
Re: Plot im Rollenspiel
von La_Cipolla am 01.10.2013 20:07Nebenkommentar, weil das schon in zwei anderen Threads schiefgelaufen ist: Wichtig ist eigentlich nur, dass sich niemand in einer allgemeinen Diskussion persönlich angesprochen fühlt. Dann macht man was falsch, denn darum geht es nicht. Und genau deshalb kann man auch zivilisiert über Begriffe wie "Meister" diskutieren, sie aber zuhause trotzdem verwenden.
@Topic: Ich finde, der Übergang ist fließend, und Probleme gibt es nur, wenn sich die Gruppe in einem starken Ausmaß nicht einig ist, was sie haben will. Das genannte Shadowrun ist eigentlich ein gutes Beispiel - viele Gruppen wollen einfach "den" optimalen Weg durch einen durchgeplanten Run, andere Gruppen bevorzugen totale Planungsfreiheit oder ein direktes "Welchen Konzern überfallen wir heute?".
Und Leute, lasst doch die dämlichen Fachbegriffe weg, gerade hier. :/
Los Muertos, ein Rollenspiel mit Skeletten - Inklusive Thread am Nerdpol!