Götter im Rollenspiel
1 | 2 | » | Letzte
[ Nach unten | Zum letzten Beitrag | Thema abonnieren | Neueste Beiträge zuerst ]
HowToPnP
Gelöschter Benutzer
Götter im Rollenspiel
von HowToPnP am 14.03.2014 11:19Da de Frage beim letzten Sabbelstream von Anguy etwas untergegangen ist, stell ich die Frage halt im Forum:
Was bevorzugt ihr? Eine eigenes Pantheon für jedes Volk, in dem die individuellen Götter einer Rasse oder eines Gebietes verehrt werden, wobei die Götter der verschiedenen Völker sich nicht überlappen. Ein einheitliches Pantheo für die gesamte Spielwelt, wobei die Götter für alle Teile der Welt gleich sind und überall gleich benannt werden. Oder eine Sammlung von Rollen die die Götter einnehmen (Vater der Götter, Gott des Krieges etc.) die in jeder Religion der Spielwelt vorhanden sind, aber anders benannt, dargestellt und unterschiedlich gewichtet werden.
EDIT by Koali:
Verschoben: Passt hier wohl besser rein.
Re: Götter im Rollenspiel
von plastikloeffel am 14.03.2014 13:52Hinge für mich wahrscheinlich sehr vom Setting ab und von der Art wie es aufgebaut ist.
Persöhnlich mag ich die Idee einer Sammlung von Göttern die in verschiedenen Kulturen verschieden wahrgenommen und dargestellt werden, vielleicht mit dem einen oder anderen der nur in bestimmten Teilen der Welt bekannt sind.
Aber wenn ein einheitliches Pantheon vom Lore her besser passt (oder ein eigenes für jedes Volk) dann ist mir das auch recht
und daran ist nur Dennis schuld!
und dann kommt Backfish mit der Streckbank!
Man findet mich auch auf youtube & twitch & Instagram & twitter & deviantart
Re: Götter im Rollenspiel
von obaobaboss am 14.03.2014 15:20Ich persönlich: Eigenes von jedem Volk. Finde ich viel interessanter wenn man fremde Kulturen begegnet, deren Göttern man einfach nicht kennt und erst nach und nach deren Funktion usw. entdeckt.
GeneralError
Gelöschter Benutzer
Re: Götter im Rollenspiel
von GeneralError am 14.03.2014 16:57Ich find beides vom Ansatz her recht cool.
Wobei ich den Ansatz von speziesbezogenen Pantheons seltsam finde, weil ich der Meinung bin, dass das den SoD mindert, weil es für mich persönlich nicht plausibel ist, wenn Glaubensbilder statisch bleiben.
Ein recht cooler Ansatz, wie man das z.B. anders handeln kann, wurde ja bereits bei Sundered Skies gezeigt.
Was mich mal reizen würde, wäre ein Setting, in dem die Götter distanziert sind, oder gar "aufgestiegene" Sterbliche sind, oder gar fremdartige Wesenheiten, die keinen Bezug dazu haben, dass sie z.b. angebetet werden, oder was auch interessant wäre, wäre ein Setting, in dem die Götter Antagonisten darstellen und es notwendig ist, dass man die Aufmerksamkeit selbiger NICHT auf sich lenkt.
Oder ein Setting, in dem die Götter starben, oder dergleichen mehr.
Oder ein Setting, das nie Götter kannte, aber dafür annähernd gottgleiche, epische Charaktere.
Re: Götter im Rollenspiel
von La_Cipolla am 14.03.2014 19:55Jo, geht alles, und hat alles seine Vorteile. Ich liebe die Vergleichbarkeit und Überschaubarkeit von "Rollengöttern" à la Die Katze oder Der Dunkle König, weiß aber auch den individuellen und explorativen Charakter von lokalen Gottheiten zu schätzen.
Man sollte aber wissen, was man für ein Spiel macht. Wenn es möglichst zugänglich sein soll, würde ich von riesigen Listen oder "normal-großen" lokalen Pantheons absehen. Splittermond gerade macht auch ein interessantes Mittelding: Die meisten Regionen haben so zwischen 2 und 5 Göttern, die sich aber oft auch von Region zu Region überlagern.
Los Muertos, ein Rollenspiel mit Skeletten - Inklusive Thread am Nerdpol!
GeneralError
Gelöschter Benutzer
Re: Götter im Rollenspiel
von GeneralError am 14.03.2014 22:16Splittermond ist aber kein gutes Beispiel.
Re: Götter im Rollenspiel
von Muron am 15.03.2014 11:08Also mir gefällt das Konzept hinter Splittermond momentan sehr...
Hab emir eben die 44 seitige Schnellstarter Regeln auf dem GratisRollenspieltag mal mitgenommen ud bekomme ehrlich gesagt Lust es tatsächlich auch mal anzuspielen.
Zu den Göttern:
Ich habe mir dazu eigentlich nie wirklich Gedanken gemacht. Allerdings verwirrt mich eine Welt mit mehreren sich überschneidenden Pantheon wohl eher. DSA als Beispiel ist da schon echt heftig, vor allem wenn man als Spielleiter über alles ein bißchen Bescheid wissen möchte. Andererseits fördert es den Facettenreichtum der Völker.
Ich kann dazu also keine klare Aussage treffen...
Re: Götter im Rollenspiel
von PurpleTentacle am 15.03.2014 12:48Ich könnt jetzt was über die Sinnlosigkeit der menschlichen Existenz und dem Segen der Unkenntniss schreiben, aber ich glaube damit hab ich schon genug gesagt
Blog
Twitter
Wer Regeln konsequent ignoriert und handwedelt, sollte bei Empfehlungen und Diskussionen mal schön die Kresse halten.
Re: Götter im Rollenspiel
von Ursus_Maior am 26.03.2014 17:07Ah eines meiner liebsten Themen: Religion (im RPG).
Es kommt wohl auf das Spiel und die Bedeutung von Religion für das (erlebte) Spiel an. Als Spieler kann mir das relativ egal sein. Wenn man davon ausgeht, dass Gottheiten in einer Welt intersubjektiv messbare Erfahrungen oder sogar intersubjektiv wahrnehmbare Akteure sind, dann ist es für die meisten Charaktere wohl egal, an welcher Ebene die Gottheiten aufgehängt sind; also ob sie zu einer bestimmten Ethnie oder einer Spezies gehören, oder universelle Kräfte darstellen, die nur je nach Gruppe eigene Namen und Traditionen tragen.
Als Spielleiter und für manche Charakter-Typen sieht das anders aus. Es geht dann um die grundsätzliche Kosmologie der Welt und damit um eine "wissenschaftliche" Typologisierung und Messung von Gottheiten. Ein Kosmos funktioniert ja unterschiedlich, wenn es nur eine oberste Gottheit gibt und darunter Wesen mit übermenschlichen Kräften existieren oder wenn es eine Menge von Wesen gibt, die übermenschliche Fähigkeiten besitzen, aber untereinander sich nicht um Größenordnungen unterscheiden. Das ganze wird vielleicht nochmal komplizierter, wenn es verschiedene intelligente Spezies gibt, deren Kräfte untereinander sehr unterschiedlich sind, die aber auch verschiedene Götterkreise kennen.
Wirklich problematisch ist aber die Konsequenz von einem "echten" Polytheismus. Das Problem dabei ist die mangelnde Erwartungssicherheit. Bei Gottheiten muss man sich ja immer fragen, was man als Mensch (oder Elf) damit will. Dazu hilft ein Blick in die Antike. Das Verhältnis zwischen antiken Menschen und Göttern ist recht einfach umschrieben mit der lateinischen Formel do ut des ("ich geben, damit du gibst"). Man trat also gegenüber der Gottheit in Vorkasse, damit diese einem etwas gab. Meist wollte man nur von den Gottheiten nicht negativ beeinflusst werden, aber positive Gaben wurden natürlich um so lieber gesehen.
Im Laufe der Antike, so etwa seit Beginn der Römischen Kaiserzeit, freundete man sich dann in größerer Breite mit der Idee an, dass es eine Obergottheit geben müsste. Dies war zunächst ein philosophisches Theorem gewesen, da irgendwas die Welt und alle ihre Bewegungen ja angestoßen haben musste. Aristoteles und die Platoniker waren sich sicher, dass irgendwo in der Kausalkette also ein Erster Beweger sitzen müsse, der selbst unbewegt war. Dieser "unbewegte Beweger" (Aristot. Met. 12.1072b "ὃ οὐ κινούμενον κινεῖ") diffuniderte als Wissen von den Philosophen hinunter in die Aristokratie und von da an in die aufstrebende Mittelschicht. In diesem Wissenskontext entstand dann der Glaube und die Hoffnunf diesen unbewegten Beweger genau so manipulieren zu können, wie die Götter. Dazu musste man natürlich wissen, was er eigentlich will, denn es gan zu dieser wissenschaftlich greifbaren Gottheit keine traditionelle Theologie, keine überlieferten Riten und schon gar keine konkrete Dogmatik.
Was macht ein Wissenschaftler, wenn er nicht weiß, was er messen soll, wie er messen soll und was er sagen soll, wie zu verfahren ist? Er sucht nach der Meinung anderer. Und genau das passiert in der Kaiserzeit ganz massiv: Man schaut über den Tellerrand und betrachtet die Götterkreise der Nachbarn sehr genau. Man hatte immer schon Ähnlichkeiten in den Götterbildern festgestellt, aber jetzt wurde es quasi "wissenschaftlich anerkannt" Isis, Demeter und Kybele oder Sarapis, Zeus und Baal gleichzusetzen. Denn die wichtigste Regel in vormodernen Wissenschaften ist die Degenerationsregel und damit kann man eine Menge anfangen. Der Kern ist folgendermaßen: Am Anfang war die Wahrheit und die wurde dem Menschen von der einen Gottheit offenbart. Im Laufe der Zeit degenerierte der Mensch aber und daher war früher eben alles besser. Die Menschen waren der Wahrheit, also "Gott" näher und "wussten" daher, wie zu verfahren war.
Da die Griechen sich für schlau hielten, aber wussten, dass es ältere Völker (= Kulturen) gab, suchte man sich die ältesten bekannten Völker aus. Das waren meist die Ägypter, gelegentlich auch die Phrygier. Die Ägypter galten als extrem unverfälscht, sittentreu und weise. Das führte dazu, dass unter Philosophen ihre Riten als "wahrhaftig" galten. Man konnte also vielleicht durch eine Analyse dieser Riten an die Riten zu Ehren des unbewegten Bewegers gelangen.
Nota bene: Der Satz "am Anfang war die Wahrheit und die wurde dem Menschen von der einen Gottheit offenbart" ist im Deutschen leider nicht so gut wiederzugeben. Die göttliche Wahrheit wird im Griechischen mit "logos" bezeichnet und diese eine Gottheit ist gleichzusetzen mit der Wahrheit, also als kosmologische Konstante. Der Satz taucht darum praktisch genau so auch im Johannesevangelium (1,1–18) auf: Im Anfang (ἀρχή) war das Wort (λόγος) und das Wort war bei Gott,und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort gewordenund ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
Das klingt alles komplizierter als es ist, darum zurück zu einem der Gründe für Religion: Erwartungssicherheit. Gottheiten sind für die Antike (und darüber hinaus) Akteure mit Motiven wie Menschen auch. Wer will, dass die Gottheit einen nicht bestraft oder sogar Belohnung wünscht, der muss alles richtig machen und dazu muss er jetzt dann auch wissen, was das ist. Wir haben hier den Wechsel von der Orthopraxie - traditionelle Rituale kennen und asuführen - hin zu einer Überlegenheit der Orthodoxie. Es ist nun wichtig eine richtige Lehre von der Gottheit zu betreiben, da man vor der Orthopraxie erstmal rausfinden muss, wie man denn "richtig handelt".
Wo hilft uns das als Rollenspieler? Eine Welt, die wie unsere, sich intensiv mit ihrer Kosmologie selbst beschäftigt - und das ist gegeben, sobald es sowas gibt wie große, hierarchische Glaubensorganisationen oder auch Forscher und nicht zuletzt auch in Ordnungskategorien denkende Magietheoretiker - wird versuchen eine einheitliche Lehre vom Kosmos aufzustellen. Egal, ob die der "Wahrheit" der Autoren nahe kommt, die Erkenntnisse der Kosmologen bestimmen, wie die Rezipienten die Welt wahrnehmen. Zugleich werden die Gottheiten in der Welt auch eigene Motive haben. Das ist unumstößlichm denn jeder Handlung liegt ein Motiv zugrunde. Ein gewährtes Wunder, ein erhörtes Gebet, all das deutet darauf hin, dass die Gottheit das will. Es sei denn, Gottheiten sind Kraftfelder, die mit korrekten Techniken "angezapft" werden können. Aber solange dies nicht auch gewusst wird von den Priestern wird man den Kraftfeldern immer Motive unterstellen.
Wenn also jedes Volk "tatsächlich" eigene Gottheiten hat, die untereinander alle gleichstark sind, dann werden diese Gottheiten unterschiedliche Motive haben. Sie werden dann wohl ihre Verbündeten die Kämpfe lieber stellvertretend ausfechten lassen, als sich selbst zu gefährden. Im Prinzip sind solche Wesen aber keine Gottheiten. Sie sind sehr mechtige Akteure, aber sie funktionieren nach den gleichen Regeln wie Menschen (oder Elfen).
Wenn Gottheiten jedoch nur einmalig als Prinzipien exisiteren und die Völker nur Aspekte oder lokale Ausprägungen verehren, dann kommt es womöglich darauf an, dass die Gottheit "richtig" verehrt wird, um sie für sich zu gewinnen. In diesem Fall sind die Gottheiten vermutlich auch zu weit entfernt, um eigenständig zu handeln. Sie sind wie andere natürliche Phänomene: Wer Elektrizität richtig begreift, der profitiert von ihr. Wer an einen blanken Draht packt, kriegt eine gewischt. Und wer nach korrektem Ritus ein adequates Objekt der Kraft aussetzt, kann einen Teil der Kraft mitnehmen. Ob das eine Reliquie ist, die nach der Segnung heilt oder eine Batterie, die aus dem Ladegerät genommen wird, ist vom Ablauf egal. Hier trifft Battletechs ComStar dann eben auf die Religionen der Vormoderne.
Die Endstufe der Entrückung ist dann in einer Welt erreicht, wenn nur eine Gottheit existiert und alle anderen übernatürlichen Wesenheiten ihrem Willen unterworfen sind. In den abrahamitischen Religionen heißen diese Wesen Engel und sie anzubeten ist sinnlos. Sie sind machtlos und übermitteln nur den Willen Gottes. Man kann sie bestenfalls als Mittler für einen bitten, dem einen Kraftfeld seine Wünsche mitzuteilen.
Was mag ich nun im RPG lieber?
Mir ist das egal. Die Welt muss stimmig sein und die Autoren, der Spielleiter und am besten auch die Spieler sollten sich darüber im Klaren sein, wie die Welt funktioniert. Für die Charaktere ist indes nur wichtig, was ihre Umwelt glaubt. Wer von Gottheiten deren eigene Funktionsweise erklärt bekommt, ist vermutlich knietief in epischer Scheiße und sollte um einen revesibilisierten Eternia Memorabilis bitten.
liber et infractus
www.paperundpen.de